Perfekt grillen

Nachhilfe für den Grill-Macho: Jetzt brutzeln sie wieder, die Würstchen, Spieße und Nackensteaks. Und der Duft von frisch Gegrilltem zieht durch die Gärten, Parks und Hinterhöfe. Aber warum müssen die Grilladen eigentlich immer „eingelegt“ sein? Ich zeige Ihnen eine köstliche Alternative und am Ende werden Sie feststellen: Es geht auch ohne Marinade.

„Alles hat seine Zeit“, philosophierte kürzlich ein guter Freund und erfolgreicher Gastronom. So freuen sich die Kinder über die Ferienzeit und  die fleißigen Menschen an der Urlaubszeit. Die Kanzlerin  hofft auf eine weitere Amtszeit und die Gans nicht so sehr auf die Weihnachtszeit. Für uns Kulinariker gibt es die herbeigesehnte Spargelzeit, dann die Erdbeerzeit und jetzt – die Grillzeit. „Hurra“ rufen die vermeintlichen Feinschmecker auf beiden Seiten der Fleischtheke und erfreuen sich an eingelegten Putenbrüsten in Curry-Sauche mit Corn Flakes (heute im Angebot!), an eigelegtem Schweinenacken, eingelegten, feurig-scharfen Schaschliks (der Metzgermeister empfiehlt!) oder in Biersauce eingelegten Holzfällersteaks. Das Einlegen und Marinieren von Fleisch scheint im Sommer Pflichtprogramm zu sein, wundere ich mich, während mein Blick im Supermarkt über die vielen Schalen und Platten mit Tunken aus Curry oder Ketchup, Öl, Kräutern, Joghurt und Sahne wandert. 

grillaktion

In der guten, alten Zeit, als es weder Kühlschränke noch Kühltheken gab, machte das Einlegen von Fleisch ja durchaus Sinn. Es diente vordergründig dem Haltbar-machen, manchmal, wenn das Fleisch schon ein paar Tage gelegen hatte, auch dem Maskieren des müffeligen Aromas. Aber das ist lange her. Diese Technik ist heute völlig überflüssig. Der Transport und die Lagerung von Frischfleisch erfolgt durchgehend bei Temperaturen zwischen 2 und 7 Grad.  Das Marinieren von Fleisch dient also nicht mehr der Konservierung sondern hat in vielen Fällen einen ganz anderen Grund: Älteres, nicht „abverkauftes“ Fleisch, das zäh und ranzig geworden ist,  wird eingelegt, um es dann als Grillfleisch unters Volk zu bringen. Die Marinade übertüncht den eigentlichen Geschmack und macht das Fleisch auch wieder zart. Wer mehr über die Frische-Illusion erfahren möchte, kann das bei FoodWatch nachlesen.

Wenden wir uns also dem echtem, unverfälschtem Geschmack zu – natürlich ohne Marinade. Exzellenter Geschmack und das Wissen, dass die Tiere artgerecht aufgezogen wurden, ergibt den perfekten Genuss. Kaufen Sie Fleisch deshalb am besten bei einem „echten“ Metzger, bei dem das Fleisch nicht unter Schutzatmosphäre verpackt – sondern perfekt gereift ist. Je hochwertiger das Fleisch ist, desto einfacher kann man es zubereiten. Hier meine Tipps:

→ Weitere Infos im 2. Teil des Grillbeitrags „BBQ, Asado, Churrasco“

1. Verwenden Sie nur frisches Fleisch, am besten gut gelagert und trockengereift. Verzichten Sie auf „frisches“ Übersee-Fleisch, wie es in SB-Großmärkten angeboten wird, das wochenlang eingeschweißt in Folie im eigenen Saft gelegen hat. Bei der Reifung entsteht auch Milchsäure, weshalb das Fleisch leicht säuerlich riecht und leider auch schmeckt.

2. Tiefgekühltes Fleisch muss langsam aufgetaut werden. Am besten über 24 Stunden im Kühlschrank. Warme Wasserbäder, Backofen oder Mikrowelle sind zum auftauen tabu und zerstören den Geschmack und die Textur. Besonders gut zum Grillen eignen sich alle Fleischsorten, die eine schöne Marmorierung haben, z.B. Rib Eye oder Hochrippen-Steaks, Rumpsteaks und Koteletts vom Rind, Kalb oder Lamm.

3. Steaks niemals gekühlt auf den Grill legen. Das Fleisch sollte Raumtemperatur haben. Übrigens: Das Fleisch muss vor dem Grillen weder gesalzen, gepfeffert oder mit Öl bestrichen werden. Es gibt einige Köche, die schwören darauf, die Steaks eine halbe Stunde vor dem Grillen zu salzen. Ich habe keinen Vorteil feststellen können.

4. Rost und Grillstäbe müssen sehr sauber und eigefettet sein. Eine Grillbürste, ein sauberes Tuch und ein Pinsel mit Öl leisten perfekte Dienste. Durch das Einfetten bleibt das Fleisch später nicht haften.

 5. Der Grill muss heiß sein. Richtig heiß. Mit einem Gasgrill ist das ganz einfach: Volle Leistung, mindestens 5 Minuten bevor man loslegt. Punkt. Bei einem Holzkohlengrill wird es kniffliger. Da darf nichts mehr lodern oder flackern, sondern es muss eine gleichmäßige – sich bereits leicht abschwächende – Glut herrschen. Das kann schon ein Weilchen dauern.

6. Angrillen:  Das Grillgut wird nun zwei bis vier Minuten (abhängig von der Dicke) pro Seite der direkten Hitze ausgesetzt und bis zum gewünschten Bräunungsgrad gegrillt. Einmal wenden. Es sollte sich ein deutliches Muster vom Rost abzeichnen.

 7. Grillen: Vergessen Sie die Macho-Methoden, die höchstens für Holzfäller-Steaks aus dem Supermarkt taugen. Keine Dauerhitze, keine Flammen, kein Bier drauf. Ein gutes Steak muss langsam und schonend zubereitet werden. Slow Barbecue lautet das Stichwort. Nehmen Sie also das Fleisch vom Grill und lassen Sie es kurz ruhen, bis Sie die Temperatur neu geregelt haben. Und das geht so:
Bei einem Holzkohlengrill schieben Sie die Kohle an eine Seite des Grills. Kenner bilden einen RING OF FIRE indem sie die Kohle ringförmig verteilen, und lassen in der Mitte eine freie Stelle. Darüber wird das Fleisch schonend zu Ende gegrillt. Bei einem Gasgrill geht das einfacher: Einfach die Brenner auf kleinste Stufe herunter regeln, sobald die Steaks einmal heiß angbraten (angegrillt) wurden.


 

Alternativen: Für experimentierfreudige Genießer empfehle ich das GRILLEN UND RÄUCHERN AUF HOLZ! Dazu wird ein dickes Stück Buchenholz zuvor 24 Stunden gewässert (Zuber, Bottich, Badewanne) und dann auf die glühend heiße Feuerstelle gelegt. Nach ca. 10 Minuten ist die Holzoberfläche heiß genug. Jetzt legen Sie ein Entrecote, Rumpsteak oder Spare Ribs auf das Holz und lassen es ca. 1 Stunde lang in der Glut garen. Die Intensität des Räucheraromas steuern Sie durch die Zeit, die das Fleisch auf dem Holz bleibt.

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8. Je nach Dicke des Steaks kann nun das Fleisch schonend zu Ende garen. Manche decken das Fleisch mit einem Deckel ab. Muss nicht sein. Dünne Steaks sind nach weiteren 2 Minuten gar, große Fleischstücke (etwa T-Bone oder Porterhouse Steaks, ganze Filets am Stück oder Lammkarree am Knochen) brauchen noch einmal bis zu 20 Minuten. Zeit für ein passendes Kaltgetränk. Je nach persönlichen Vorlieben (medium rare, medium oder well done) kann nun das Fleisch servierfertig gemacht werden. Die Oberfläche mit weicher Butter dünn bestreichen, mit grobem Salz bestreuen, pfeffern, ggf. aufschneiden und sofort servieren.

9. Wenn Sie Fisch grillen, achten Sie darauf, dass er fangfrisch ist und vermeiden Sie Tiefkühlware. Besonders gut eignen sich dicke Scheiben von Lachs, Schwertfisch, Thunfisch, Doraden und Forellen. Wenn Sie kein spezielles Grillgitter für Fische haben, stellen Sie eine Pfanne oder feuerfeste Schale mit Kräutern, zerlassener Butter, etwas Knoblauch und Zitronensaft bereit, in der der Fisch nach dem Angrillen zu Ende garen kann. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Fisch zerfällt und in der Glut landet.

Falls Sie einen Grillkorb besitzen, können Sie auch wunderbar Kartoffeln und anderes Gemüse grillen. Der Geschmack ist einmalig.

10. Spieße 

… sind eine leckere Variante. Ob Brochette, Pincho, Mixed Grill, Satay, Souvlaki oder Shish Kebab – das Prinzip ist stets das gleiche: Kleine Fleischstücke werden abwechselnd mit Gemüse auf einen Holzspieß gesteckt und danach auf dem Grill gegart. Mein Favorit ist ein aromatischer Grillspieß mit Hühnchenfleisch, Speck, Zwiebeln, roten Paprika, Backpflaumen und Thymian.

Viel Vergnügen und gutes Gelingen!

Weitere Infos im 2. Teil des Grillbeitrags „BBQ, Asado, Churrasco“

10 Kommentare
  1. Ein wunderbarer Artikel mit vielen hilfreichen Tipps und guten Hinweisen. Echt klasse – genau so muss Grillen sein. Weiter so. Gruß Patrick

  2. Auch wenn wir ind diesem Sommer überhaupt kein Grillwetter haben: Ein toller Beitrag! Hier weiß einer, was er tut (und schreibt). Du bist nicht zufällig Redakteur bei der Zeitschrift Beef oder arbeitest bei Otto-Fleisch? 😉 Freue mich schon auf die nächsten Beiträge! Gruß, Ulli

  3. Top Artikel, dem gibt es wirklich kaum etwas zu ergänzen. Vielleicht sollte man noch auf tolle Grillmarinaden hinweisen, die man auch zu dem besten Stück Fleisch einfach mal probieren sollte

    1. Gute Idee, Andrea, vielen Dank für diese Anregung! Vor der nächsten Saison gibt’s ein Rezept für eine BBQ Sauce und ein paar Einkaufsempfehlungen…

  4. Klasse Artikel. Mein Mann und ich sind große Grillfans aber hier waren noch einige Tipps versteckt, die wir nicht kannten. Danke.

  5. Wo bekommt man in Frankfurt hochwertiges Fleisch? (Kleinmarkthalle mal ausgenommen). Ich bestelle meistens bei Otto-Gourmet, wenn es hochwertig sein soll. Aber viel lieber würde ich bei einem regionalen Metzger einkaufen, der seine Würste ohne Konservierungsstoffe herstellt und trockengereiftes Fleisch aus heimischer (hessischer) Landwirtschaft anbietet. Bin dankbar für jede Adresse.

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