Am Wochenende kam ein guter Freund zum Abendessen bei uns vorbei. Und weil er einerseits Jäger ist (was ihn – wen wundert’s? – zu einem begehrten Ansprechpartner für perfektes Wildbret macht) und sich zudem vor wenigen Tagen einen vollautomatischen Vakuumgarer gekauft hat, stand das Thema dieses Abends schnell fest: Die exakte Garung einer Wildschweinschulter im Wasserbad unter Luftabschluss.
Die Sous Vide Methode wird schon länger in der Gastronomie angewendet und hat nun auch den Weg in die privaten Küchen gefunden. Das System ist allerdings recht teuer und wird von vielen Hobbyköchen nur milde belächelt. Fakt ist, dass aufgrund der schonenden und langen Garzeit die Aromen unvergleichlich intensiv sind.
Als Überläufer wird in der Jägersprache ein ca. einjähriges Wildschwein bezeichnet, das die Geschlechtsreife noch nicht erreicht hat. Das Fleisch des Überläufers gilt dabei als besonders zart und schmackhaft. Bereits am frühen Nachmittag hatte mein Freund bei sich Zuhause die gesäuberten Fleischteile mit Kräutern und Gewürzen eingeschweißt, vakuumiert und bei exakt 65° C. zubereitet. Allerdings stellte der anschließende Transport ein Problem dar, denn das Fleisch musste nun über 10 km in meine Küche transportiert werden, wobei sich eine große Tupperware-Dose mit lauwarmen Wasser als praktikabel erwies.
Da ich selbst kein Gerät zum Vakuumgaren besitze, kamen die transportierten Beutel in meiner Küche einfach in eine Schüssel mit frischem warmen Wasser. Ein fataler Fehler! Denn die Temperaturschwankungen setzten dem Fleisch wohl arg zu und am Ende war das Fleisch zwar wunderbar aromatisch, aber leider deutlich zu trocken geraten.
Unser Abend war dennoch ein Fest! Zum Wild hatte ich frischen Rosenkohl und Schwarzwurzelgemüse vorbereitet, geschwenkt in etwas Schmand mit Petersilie. Dazu gab es eine kräftige Sauce aus Wildfond und Mole (Gewürzmischung aus Mandeln, Pfeffer, Zimt, Chili, Kakao, Anis und Vanille), die kurz vor dem Servieren mit eiskalter Butter montiert wurde. Ein Traum!
Über das misslungene Experiment trösteten wir uns mit einer Flasche Les Bécasses von der Côte-Rôtie hinweg, fest entschlossen, die ganze Angelegenheit in Kürze zu wiederholen – dann allerdings ohne Zwischentransport. Ich werde berichten…