Auf meinem Tisch liegt zur Zeit das Taschenbuch DÖNER HAWAII von Martin Trenk. Auf 300 kurzweiligen Seiten nimmt uns der Ethnologieprofessor mit auf eine faszinierende Entdeckungsreise durch die Esskulturen dieser Welt und beleuchtet die wechselvolle Geschichte unserer Essvorlieben. Das gelingt dem Autor derart gut, dass man spätestens alle 20 Seiten neue Kochideen und Lust auf ein neues Gericht bekommt.
Vom „karibischen Island Hopping“ des Christoph Kolumbus – dem wir nicht nur Mais, Kartoffeln, Kakao, Chili und viele Gewürze verdanken, sondern die erste echte Globalisierungswelle – führen uns die Geschichten über den interkontinentalen Gewürzhandel, den Einfluss der Kolonialmächte in Indien, China und Afrika, die Auswirkungen der italienischen, französischen und der „Gastarbeiter-Küchen“ des letzten Jahrhunderts bis hin zum heutigen Ethno- und Fusionfood.
Warum wir essen, was wir essen – vor allem darum geht es in Döner Hawaii. Besonders spannend wird das Buch immer dann, wenn Martin Trenk seinen Lesern die radikalen Veränderungen unserer Geschmackspräferenzen erklärt.
- Wie konnten Mais und Kartoffeln vom Luxusgut zur Armenkost mutieren?
- Warum musste der deutsche Filterkaffee der Vorliebe für Latte Macchiato weichen?
- Warum gibt es in unseren Großstädten kaum noch Deutsche Restaurants, dafür aber jede Menge Thai-Food, Tex-Mex, Burger oder Sushi?
- Woher kommt die bizarre Vorliebe einer überwältigen Mehrheit in unserem Land zu Ethno-Exotik in Tüten und Tiefkühlregalen – man denke nur an Mexican Chicken, Fischtopf „friesischer Art“, Balkan/Madras/Thai- oder Toskana-Pfanne, wovon kein einziges Gericht aus der weiten Ferne zu uns kommt, sondern zu 100 Prozent aus den Laboren von Nestlé, Unilever, Mondelēz oder Dr. Oetker?
- Und warum sieht man in unseren Metzgereien – übrigens ganz im Gegensatz zu Frankreich, Italien oder Spanien – keine Innereien mehr, keinen Kalbskopf, keine Ochsenschwänze, Kalbsfüße oder ganze Hühner, sondern nur noch Muskelfleisch in Steakform, als Hackfleisch, Wurst oder Nugget?
Die Antworten auf die wechselhafte Geschichte unserer Vorlieben findet man in Döner Hawaii ebenso, wie einen Blick in die Zukunft kulinarischer Entwicklungen. Mir hat dabei Trenks Schreibstil – eine ausgewogene Balance zwischen akademischem Hintergrundwissen und kurzweiliger Anekdoten im Plauderton – außerordentlich gut gefallen
Wie sich in den vergangenen 500 Jahren bis heute nicht nur fremde Lebensmittel und einzelne Speisen, sondern komplette Küchen erfolgreich ausgebreitet haben, darin liegt der beträchtliche Charme dieses schlauen Buches, aus dem wir lernen: Aus kulinarischer Sicht ist die Globalisierung ein großes Geschenk. Ebenso ist es dieses Buch für alle wissensdurstige Hobbyköche und Genießer.