Sie schmunzeln. Stimmt’s? Wie man Wasser in einem Topf zum Kochen bringt, das weiß schließlich jeder!
Im Prinzip haben Sie vollkommen recht. Ich möchte an dieser Stelle lediglich ein paar Küchenirrtümer und Nachlässigkeiten aus der Welt schaffen. Und vielleicht werden Sie mir am Ende dieses Artikels sogar zustimmen, dass es beim Wasserkochen um mehr geht, als nur um das Erhitzen einer durchsichtigen, farb- und geschmackslosen Flüssigkeit, die sich aus Wasserstoff und Sauerstoff zusammensetzt, mit dem Ziel Lebensmittel zu garen.
Fest steht: Wasser ist nicht gleich Wasser. Zwischen Flensburg und Rosenheim kommen sehr unterschiedliche Qualitäten aus dem Wasserhahn, mit unterschiedlichen Härtegraden und Kalkgehalten, mit viel oder wenig Chlor, angereichert mit Ozon, gefiltert, ungefiltert, energetisiert oder sonst irgendwie aufbereitet. Einige Menschen kochen ausschließlich mit Regenwasser aus der Zisterne, andere benutzen frisches Quell- oder Brunnenwasser. Manche kochen auf Meereshöhe, manche auf 500 und manche auf 2000 ü.M. Schon diese wenigen Punkte machen einen großen Unterschied, wann und wie das Wasser kocht. Die meisten werden wohl sagen „Naja, Wasser kocht, wenn es auf 100° Celsius erhitzt wurde“ oder „Wasser kocht, wenn es blubbert“. Stimmt.
Ich allerdings finde, dass Wasser erst dann kocht, wenn es ungestüm blubbert, lebendig sprudelt, und aussieht, als würde es jeden Moment aus dem Topf springen wollen. Wenn sich der Raum schwer mit Feuchtigkeit füllt, wenn die Küchenfenster und die Brillengläser beschlagen. Wenn es laut und wild ist und nicht, sobald ein paar Bläschen schüchtern aufsteigen oder einzelne Taucherblasen vor sich hingluckern.
Dann ist er da, der Moment, den die Franzosen au point nennen, wie bei einem rosa Filetsteak oder einem perfekt gereiften Brie de Meaux. Und erst wenn dieser Augenblick erreicht ist, kann man zum nächstem Punkt, dem „Kochen von Dingen“ übergehen – was meist mit einer köstlichen Suppe, einem Fond, einem Demi-Glace oder vielleicht auch einfach nur einem perfekten Nudelgericht endet – und von sich behaupten, dass man wirklich weiß, wie man Wasser kocht.
Übrigens: Auch Wasser kann man totkochen, zum Beispiel indem man es stundenlang leise vor sich hinköcheln lässt. Dann verdunstet es, die Salzkonzentration steigt an und die schlechter löslichen Salze fällen aus. Am Ende sind die geschmacksbildenden Mineralien verschwunden und das Wasser schmeckt fade und so, als ob man das ganze Leben aus ihm herausgekocht hätte.
Apropos Salz: Ein weit verbreiteter Irrtum ist es, dass das Wasser schneller oder stärker oder „heißer“ kocht (und die Speisen schneller garen), wenn man etwas Salz hinzugibt. Es stimmt, dass sich der Siedepunkt verändert, sobald Salz dem Wasser hinzugefügt wird, doch müsste man bei einem gewöhnlichen Kochtopf sehr viel Salz hinzugeben, um eine solche Veränderung festzustellen. Mit dem Resultat, dass das Essen versalzen wäre…
Das klingt durchaus plausibel. Ich persönlich hatte noch nie über das Thema nachgedacht und habe mich nach dem Lesen gleich mal darüber informiert, ob das Wasser in meiner Stadt gut sein soll. Toller Text!
Respekt, gutes Resultat! ;-))